Eindruecke aus einer zerstoerten Stadt

Christchurch - ihr erinnert euch sicher noch alle an das Erdbeben im Februar, richtig?
Da ich von hier aus nach Auckland fliege liess sich ein Besuch in der Stadt nicht vermeiden...und hier bin ich nun, in dem schwer erschuetterten Herzen der Suedinsel.

Hier noch einmal die Bilanz des Bebens: Staerke 7.1 von 10, 181 Opfer und damit das zweitschlimmste Unglueck in der Geschichte Neuseelands. Das Zentrum war 10 km von der Innenstadt in Lyttleton mit den schlimmsten Auswirkungen in dem Zentrum der Stadt selbst - der zweitgroessten Stadt Neuseelands. Ich frage mich; 'Warum gerade hier?' Man kann stundenlang durch die Suedinsel fahren, ohne auf ein einziges Haus zu treffen. Warum am einzigen Ort der Suedinsel, an dem es so etwas wie Hochhaueser gibt?

Im Regen mache ich mich morgens auf um den wirklichen Schaden mit eigenen Augen zu erkunden. Nach einigen hundert Metern stosse ich auf die ersten Bauzaeune, die die Strasse versperren - das deutsche Paerchen aus meinem Zimmer hat erzaehlt, dass die ganze Stadt weitraeumig abgesperrt ist. Also beschliesse ich, drum herum zu laufen, immer an dem Zaun entlang.
Vor mir ist ein junger Mann, etwas aelter als ich, der genau wie ich mit einer Kamera herumlaueft und Fotos von den Schildern an den Hauseingaengen macht, auf denen entweder 'fuer sicher erklaert' oder 'danger' steht. Ich fuehle mich schlecht und komme mir wie ein Katastrophentourist vor.
Dann denke ich daran, was andere aus dem Hostel erzaehlt haben; ueber das ganze Osterwochenende sind wohl die ganzen Kiwis angereist und haben sich erstmal die Schrotthaufen angeguckt. Wahrscheinlich ist es besser, sich ein Bild mit eigenen Augen zu verschaffen als nur zu vermuten, wahrscheinlich kommt es auch immer darauf an WIE man es macht.

Ich laufe weiter und werde nach wenigen Metern von einem meterlangen Schornstein gestoppt, der direkt auf der Strasse liegt und mir den Weg versperrt.
Ich gehe vorsichtig darum herum und stehe kurz darauf vor einem weiteren Bauzaun, hinter dem die Ueberreste eines Cafes sind. Stuehle, begraben unter den Ueberresten des Vordaches.
Auf meinem weiteren Weg sehe ich viele ehemals praechtige Holzvillen, jetzt mit kaputten Fenstern und Graffiti, offene Strassen und Haeuser, von denen nur noch Schutthaufen uebrig sind.





Narben, die nicht so bald verheilen werden - Narben, die noch lange an diesen schrecklichen Tag erinnern werden.
Die Stadt baut sich langsam wieder auf. Es gibt wieder fliessend Wasser und Elektrizitaet. Die Zuege fahren noch nicht wieder, aber ein Einwohner der Stadt erzaehlt mir, dass das Leben genauso weitergeht wie vorher.
Doch was ist mit den Nachbeben? Was ist mit dem Trauma des Erdbebens, den verlorenen materiellen Werten? Ich glaube nicht, dass alles ist wie vorher. Die Wunden sind nicht nur in den Strassen der Stadt, sondern auch in den Koepfen der Menschen.

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