ChinAdventure - Drei Wochen Backpacking durch crazy China
Liebe Freunde der Nacht,
seit einer Woche bin ich zurück aus dem fernen Osten und nun sitze ich hier mit verstopfter Nase und gebräunter Haut umgeben von einem mittleren Chaos bestehend aus Gepäck, Souvenirs und Wäsche in meiner geliebten Verdener Wohnung. Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu und ich habe von drei Wochen voller amazing maoments mit den Amazing Apricots (Anne, Anni, Alex) zu berichten!
Hier erst mal ein kleiner erster Eindruck der Reise:
Warum bin ich denn überhaupt geflogen, mag sich der geneigte Leser nun fragen, wenn ich es doch ach so schrecklich erwartete? Nun, es handelte sich um eine einzigartige Chance die sich mir bot, und zwar das Land mit zwei guten Freunden zu bereisen, die sowohl der chinesischen Sprache mächtig sind als auch bereits seit zwei Jahren dort leben. Da in China niemand Englisch spricht und man sich die Bedeutung der Schriftzeichen selten aus dem Kontext erschließen kann (Euphemismus!) ist das Reisen ohne Chinesischkenntnisse, gelinde gesagt, eine Herausforderung, auf die ich keine Lust gehabt hätte. So aber konnte ich mich an die beiden hängen und wie ein Entenküken staunend ob der vielfältigen Sehenswürdigkeiten hinterhertrippeln.
So kam es, dass ich meine ersten Sommerferien als Referendarin Schrägstrich Lehrerin direkt für eine Reise in die weite Ferne genutzt habe. Ich hatte schon ganz vergessen wie Langstreckenflüge und Backpacking so sind! Wie Asien so ist! Hock-klos, schwüle Hitze, Klimaanlagen, Hostels, lange Busreisen bei denen man betet dass der Busfahrer nicht unbedingt seine Aggressionen am Gegenverkehr auslässt, sein Leben in die Hände windig aussehender Bergpfade zu geben und sich voll Argwohn in die Tiefe schauend an Eisenketten festklammern. Aber auch: Sommerkleidung tragen, Eis und gekühlte Getränke ohne Unterlass, Nachtspaziergänge bei Badewannentemperaturen am Fluss, Essen, so gut, dass man danach wohlig über den Bauch streichend auf dem Stuhl zurücksinkt und mit sich und der Welt rundum zufrieden ist.
Wusstet ihr, dass ...
...in Chinas Städten überall Elektrofahrzeuge herumschwirren? (Der Strom dafür aber aus Kohleverbrennung hergestellt wird)`
...im Restaurant der Kellner neben einem stehenbleibt, bis man bestellt hat? Dass man sein Geschirr durchaus mit heißem Wasser nochmal selbst abspült? Und den Rest des heißen Wassers als Tee nur ohne Tee trinkt?
...und auch nicht jeder ein Gericht bestellt sondern verschiedene Speisen für die gesamte Gruppe in die Mitte des Tisches platziert werden, von denen man sich mit seinen Stäbchen nach Lust und Laune bedient?
...man selbst für Eisenbahntickets und Eintrittskarten für z.B. Nationalparks seinen Pass vorzeigen muss und nur Hostels mit spezieller Lizenz Ausländer aufnehmen dürfen?
...man als Ausländer eine semi-Attraktion ist mit der gern selfies sowohl heimlich als auch auf Bitten hin gemacht werden?
... es eine Lautschriftschreibweise der chinesischen Zeichen gibt? Diese nennt sich Pinyin. Chinesisch hat übrigens 4 Laute bzw. Intonationen, die man beherrschen sollte. Sonst wird aus "ich muss den Flieger nehmen" ganz schnell ein "ich muss masturbieren" und man sitzt schwuppdiwupp in der chinesischen geschlossenen Anstalt. Das Einzige, was ich auf Chinesisch gelernt habe ist "Ja", "Danke" und "das brauche ich nicht".
... gerade Chinas Süden dafür bekannt ist, dass alles gegessen wird was vier Beine hat und kein Tisch ist? Aber keine Angst vor heimlichem Untermischen von HundKatzeMaus: Alles was Westler eventuell ungern verspeisen möchten gilt als Delikatesse und wird weitaus teurer verkauft als schnödes Hühnchen und Rind. Trotzdem muss man aufpassen, dass man nicht ausversehen Magen isst (wie ich) oder beinahe Schildkröten-Gelee in seinen Drink bekommt (auch wir).
Nun möchte ich euch aber nicht weiter langweilen und euch standepede durch die verschiedenen Stationen unserer Reise führen!
1. Peking - Hotpot und Große Mauer
Peking war gar nicht so voll und laut wie gedacht, eher leise und geordnet (für asiatische Verhältnisse!), dafür aber wie erwartet heiß. Im Juli werden es eben durchschnittlich 32-36 Grad Celsius in China, die bessere Reisezeit wären wohl Frühling oder Herbst. Die Verbotene Stadt klemmten wir uns, dafür gab es abends ein Hotpot-Essen mit vielen anderen Expats, die aus verschiedenen Gründen in Peking ein Praktikum machen oder studieren. Ein Ankommen genau nach meinem Geschmack! Beim Hotpot werden verschiedene Speisen in scharfe und nicht so scharfe Brühe getan, ungefähr so wie unser Fondue. Wer etwas davon essen will, fischt es mit seinen Stäbchen heraus, tunkt es in eine kleine Soßenschüssel und verspeist es dann mit Wonne.
Am zweiten Tag besuchten wir die Große Mauer. Wir hatten einen Fahrer, der uns nach Jiankou fuhr, von wo aus wir eine Stunde bergauf durch die Wälder kraxelten um dann auf einem unrenovierten Teil der Mauer zu stehen.
Von da aus wanderten wir einige Stunden bis nach Mutianyu, wo ein renovierter Teil der Mauer zu sehen und begehen war.
Und nein, das ist kein Smog. Während ich da war gab es keine erhöhten Smogwerte, das ist nur normaler grauer Himmel mit Feuchtigkeitsdunstwolken auf den Fotos.
2. Xi´An (sprich: Chi-Ann) - Terrakotta-Krieger und Huashan
In Xi´An machten wir Couchsurfing, was ich seit drei Jahren nicht mehr getan hatte. Unser Host war zwar ein wenig angeberisch und entschied Dinge für uns, aber seine Gastfreundschaft war herzlich und seine Wohnung toll. Mit unserer koreanischen Mit-Couchsurferin Ralley radelten wir die Stadtmauer entlang was super schön war,
aßen im muslimischen Viertel Breitnudeln (Biang Biang), deren chinesisches Schriftzeichen aus 62 Strichen besteht und die super lecker sind,
besuchten die Terrakotta-Armee (man wird eher durchgeschoben von all den anderen Besuchern, aber interessant ist es trotzdem)
Und bestiegen Huashan, den steilsten der fünf heiligen Berge Chinas.
zusammen mit all den anderen 1,38 Milliarden Chinesen.
Natur genießt man in China nie allein, es sei denn, man wandert gerade den Berg hoch oder runter. Da nehmen Chinesen nämlich die Seilbahn.
Die Wanderwege dort werden im Internet bezeichnet als "die gefährlichsten Wanderwege der Welt" und der Wanderung voraus ging ein Nachmittag zum Planen der Wanderung bei dem evaluiert werden sollte wie gefährlich denn genau die Wanderung sein würde. Googelt man Bilder zu Huashan, versteht man meine Besorgnis. Beinahe wäre ich zuhause geblieben, aber ich wollte die Wege wenigstens mit eigenen Augen sehen.
Ich habe dann die Seilbahn nach oben genommen und bin dort mit den anderen herumgelaufen. Durch meine latente Höhenangst und die Tatsache, dass man tatsächlich auf Bergrücken läuft, bei denen es rechts und links steil in die Tiefe geht, konnte ich das Ganze eher begrenzt genießen. Also die Chinesen haben echt ein anderes Sicherheitsbedürfnis als ich. Muss wohl am Straßenverkehr liegen, der auch schon tödlich genug ist und die Einheimischen auf solche Situationen vorbereitet.
Insgesamt würde ich die Wege aber nicht als mega gefährlich bezeichnen. Man sollte nicht ausrutschen und unter den Balustraden durchflutschen, das könnte unangenehm werden. Aber die Chinesen haben auch allesamt ihre Kinder mitgebracht, Klein- und Kleinstkinder inklusive. Anscheinend hat die chinesische Regierung auch einiges getan in den letzten Jahren um die Wege sicherer zu machen. Na dann.
3. Wuhan - ALLllll the Fooood!
Wuhan haben wir GELIEBT für die vielen kleinen Restaurants und Essensstände und unser schnuckliges Hostelchen direkt in bester Lage.
Das sind Baozi, gedämpfte und pikant gefüllte Hefeteilchen und neben Nudelsuppe oder Reisporridge ein beliebtes Frühstück der Chinesen und der Amazing Apricots.
Abends machten wir einen Spaziergang am Jangtsekiang. Stellt euch vor, ihr seht dieses Panorama, während ihr mit den Füßen im erfrischenden Fluss steht und euch die warme Nachtluft umweht:
Also wenn das nicht Leben ist dann weiß ich auch nicht.
Außerdem besuchten wir den Yellow Crane Tower, von dem aus eine wunderbare Aussicht auf die Stadt zu sehen war.
Wir guckten Despicable Me 3 im Kino (bananas?) und aßen im allerleckersten vegetarischen Restaurant der Stadt Melonenshakes, gebratene Pilze, Wildreis, Tofu und Bohnen. NOM!
Zwischen den Städten reisten wir entweder mit dem bis zu 270km/h fahrenden Schnellzug, mit schrecklich unbequemem langsamem Nachtzug oder aber mit Bussen.
4. Yichang - Three Gorges Dam
Nach Yichang verschlägt es eigentlich niemanden, da gibt es nichts außer den längsten Damm der Welt in der Nähe. Dieser ist ein Prestigeprojekt Chinas und staut den Jangtse, was Naturschützer natürlich auf den Damm gebracht hat (ha ha) aber für die Versorgung und Schifffahrt usw. nützlich ist. Der Damm selbst ist halt...lang. Da es tagsüber war sind wir auch eher von Schatten zu Klimaanlage gekrochen, und es war eben viel Beton. Naja.
In Yichang hatten Anni und ich noch eine Massage. Mein (blinder!) Masseur hat mir netterweise erklärt, dass ich hübsch sei (übersetzt von Anni), was ich wiederum ganz amüsant fand. Dabei hat er mir seine Fingerkuppen in die Muskeln gerammt, darin rumgeknetet und fröhlich Dinge auf Chinesisch erzählt. Hm.
5. Wulingyuan Nationalpark - der mit den Avatar Mountains
Die nächsten drei Nächte verbrachten wir in einem Nationalpark. Einmal schweißüberströmt auf den bis zu 300m hohen Steinstelen angekommen vergaß ich zeitweise meinen Respekt vor Höhen und genoß die Ausblicke mehr als die auf Huashan. Wahrlich spektakuläre Natur! An Höhepunkten lässt China wahrlich nicht missen.
Nach zwei Tagen Wanderungen hoch und runter die Berge und drauf herum und am Fluss entlang sagten wir bajbaj und fuhren weiter nach
6. Fenghuang - alte Häuser
Fenghuang ist für seine alten Häuser bekannt aber es war die einzige Stadt bei der wahrlich kein Funke der Begeisterung übergesprungen ist. Es war einfach nur touristisch, vor vielen Restaurants standen Käfige und Aquarien mit armseligen, mitleidserregenden Kreaturen zum aussuchen und frisch braten/kochen/dünsten für die Gäste. Somit waren wir dann auch nicht traurig, als wir nach einer Nacht wieder weiterreisten.
7. Yangzhou bei Guilin - Karstberge
Das war auch super! Yangzhou war ganz nach meinem Geschmack. Man kann die weltbekannten Karstberge nämlich bequem vom Bambusboot aus bewundern, während man über den Li Jiang Fluss gefahren wird.
Außerdem haben wir eine ganz tolle Radtour gemacht quer durch die Reisfelder, bei der wir für Fruchsmoothies angehalten haben, Zorbing ausprobiert haben (man rollt in einer Plastikkugel einen Hügel runter) und im matschig-braunen Fluss schwimmen waren.
9. Guangzhou - drittgrößte Stadt Chinas, im Süden gelegen, gut für Dim Sum und shoppen
Die vorletzte Station dieser Reise war Guangzhou. Dort war am bemerkenswertesten das Hotpot-Restaurant Haidilao, bei dem Spiele, Origami, Snacks und Getränke, Maniküre und Schuhpolitur für die Wartenden und Pastadance, Tablet-Bestellung, Schürzen, Haargummis, Handyschutzhüllen und bester Service für die Essenden angeboten wird. Alter Falter!
Außerdem hatten wir ein g.r.o.ß.a.r.t.ig.e.s Dim Sum Abendessen OMGggg mit Garnelen (ich mag noch nicht mal Garnelen!) in Kokosraspelzeugs und fluffigen Honigkuchen und Vanilletarts und anderen Leckereien! Ich liebe Essen!
Dann war es auch schon Zeit den zwei anderen Apricots tschüss zu sagen und zu meinem Flieger nach Hongkong zu fahren.
10. Hongkong - Skyline und Bye Bye!
Hong Kong ist ganz anders als China, was daher kommt, dass es eine autonome Stadt ist. Es hat eine eigene Währung und bevor man in den Zug dorthin steigt muss man offiziell China verlassen mit Stempel im Pass und allem Drum und Dran. Außerdem sprechen dort Menschen so halbwegs Englisch und Strraßen heißen nicht mehr blabladiesdas nu sondern Victoria Road oder Albert Street. Ich habe die wenigen Stunden dort damit verbracht, die Doppeldeckerbusse zu fahren und mich auf dem Victoria Peak bis zum Sonnenuntergang herumzudrücken, bei Regen und Wind, um diese Aussicht hier zu genießen:
Am Montag bestieg ich dann den Flieger zurück - und den Rest kennt ihr ja!
PUH! Was für ein langer Post! Geschafft! Wenn ich ihn kürzer gemacht hätte, hätte ich diesen wunderbaren, aufregenden, anstrengenden, tollen drei Wochen keine Rechnung tragen können. Ich freue mich, dieses doch recht fremde und exotische Land kennengelernt zu haben und weiß diese Chance wirklich sehr zu schätzen!
Vielen, vielen Dank auch an Anni und Alex, die mir das alles ermöglicht haben und von deren Expertise und Sprachkenntnissen ich profitieren durfte. Wir hatten sehr viel Spaß (ja!)
und ich danke euch von ganzem Herzen!
Last but not least: Travel Tips
How to travel China (cheaply):
Insgesamt hat mich die Reise an die 1600,00€ gekostet. Die Hälfte davon ging für den Gabelflug Berlin-Peking/Hongkong-Berlin drauf, 150 für ein Visum (mit Visumsagentur, geht auch ohne) und der Rest für die Reise selbst.
Zugtickets kosten für langsame Züge nicht so viel und für den Schnellzug bis zu 30€. Hostelbetten im dorm kosten 3-10€ pro Nacht. Nationalparks sind recht teuer, da ist der Eintritt so 20-30€. Ein Essen im Restaurant kostet 3-7€ pro Person.
Empfehle ich Reisen ohne Chinesischkenntnisse? Ich weiß es nicht. Ich glaube, es ist ziemlich anstrengend. Es geht schon, wir haben (wenige) Reisende ohne Chinesischkenntnisse getroffen. Man kann Taxis nehmen und die Adresse auf chinesisch zeigen (aber nicht alle Taxifahrer können lesen) oder aber es mit den U-Bahnen probieren, einige haben die Stationen auch auf Pinyin gekennzeichnet. Manche Hostels schicken eine Wegbeschreibung mit wenn man über hostelworld oder booking.com bucht, mit denen habe ich mich problemlos von A nach B finden können.
Man beachte, dass google und alles was damit zu tun hat nicht funktioniert, es sei denn, man installiert vorher auf dem Handy vpn. Also mit google maps kommt man sonst nicht weit, selbst wenn man Datenvolumen auf dem Handy hat.
Zum Reservieren der Zugtickets kann man "ctrip english" nutzen. Abholen muss man die Tickets aber so oder so persönlich am Bahnhof, das kann mit Sicherheitskontrollen und Anstehen dauern.
Wikitravel gibt ganz tolle detaillierte Tips, die einen teilweise super zu den Orten hin führen. Manchmal steht da wo genau man stehen muss, welche Busnummer, worauf zu achten ist usw. Das ist sehr hilfreich.
Es gibt viele bike sharing stationen in den Städten und die Fahrräder kann man überall stehen lassen, aber man muss sich mit dem Reisepass anmelden und die Bearbeitung der Anmeldung dauert ca. 2 Tage.
Bezahlt wird entweder bar oder mit vpay (von Chinesen). Geld kriegt man an allen Geldautomaten mit visa-Zeichen, ich habe immer die Bank of China genommen und bin gut damit hingekommen.
Ich habe mit in China sehr sicher gefühlt. Das Einzige was man zu fürchten hat ist Taschendiebstahl aber selbst das ist uns nicht passiert.
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